Interview mit SWI-Geschäftsführer Matthias Bolle zur kommunalen Wärmeplanung und zum Umbau der Wärmeversorgung in Ingolstadt

Ende Oktober hat der Ingolstädter Stadtrat die kommunale Wärmeplanung (KWP) beschlossen, die den Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung in Ingolstadt weisen soll. Maßgeblich daran beteiligt waren – neben der Stadt – die Stadtwerke Ingolstadt. SWI-Geschäftsführer Matthias Bolle spricht im Interview über die Rolle der Stadtwerke bei der KWP, die Wärmeversorgung der Zukunft und den anspruchsvollen Weg dorthin. 

Herr Bolle, was ist – in einem Satz – die kommunale Wärmeplanung?
Matthias Bolle: Ein strategisches Instrument für Energieversorger und Kommunen, das Aufschluss darüber gibt, welche klimafreundlichen Heizsysteme in welchen Gebieten in Zukunft sinnvoll sind.

Das war in den vergangenen Monaten sicher ein großes Thema in Ihrem Haus. Welche Rolle spielen die Stadtwerke bei der Ingolstädter KWP?
Bolle: Was die Erarbeitung der KWP angeht, haben wir uns mit viel Manpower und Know-How eingebracht. Wir haben ja auch die dazu nötigen Kompetenzen und Daten im Haus. Denn eines ist klar: Als Versorger und Netzbetreiber spielen wir eine zentrale Rolle, bei all dem, was da kommt. Wir bringen die Energie zu den Menschen und werden das auch in Zukunft tun. Die Umsetzung der KWP liegt also zu einem Großteil an uns. Das, was ansteht, wird unsere Welt als Versorger aber auch signifikant verändern. 

Welchen Mehrwert sehen Sie in den Ergebnissen der KWP?
Bolle: Ganz wichtig ist, dass es nun erstmals eine Bestandsaufnahme gibt. Wir haben in der KWP-Arbeitsgruppe die gesamte Stadt gespiegelt und einen sogenannten digitalen Zwilling erstellt. Damit kann man nun eine häuserscharfe Betrachtung vornehmen und jetzt das erste Mal sehen: Wie weit ist denn der Weg in eine klimaneutrale Heizungsversorgung eigentlich noch. Durch die KWP wissen wir nun ganz konkret, welche Technologie wo am sinnvollsten eingesetzt werden kann. Zudem haben wir zusammen mit der Stadt eine Potenzialanalyse erarbeitet. Diese behandelt etwa die zukünftige Strom- und Wärmeerzeugung sowie die Themen Sanierung, Stromeinsparung und Substitution von Erdgas. 

Ingolstadt wurde im Zuge der KWP in verschiedene Bereiche eingeteilt. Welche sind das?
Bolle: Im Wesentlichen sind drei unterschiedliche Gebiete definiert. Prio 1 hat die Fernwärme. Die Fernwärmegebiete der KWP umfassen das heutige Netz und die Bereiche, in denen sich ein Ausbau des Fernwärmenetzes zu vertretbaren Kosten umsetzen lässt. Wo dagegen heute Gas liegt, das wird sogenanntes Prüfgebiet. Dafür kann sich später eine Versorgung mit Wasserstoff eignen, aber auch die Wärmepumpe. Und wo heute kein Gasnetz vorhanden ist, dort sehen wir künftig vorrangig die Wärmepumpe. Der Weg ist nun also bis zu einem gewissen Grad vorgezeichnet.

Der Plan ist aufgestellt. Doch damit ist die Arbeit sicher nicht getan. Wie geht es weiter?
Bolle: Bisher ist die Analyse noch relativ grob. In einem nächsten Schritt werden wir konkreter und mit echten Kostenschätzungen für den Fernwärmenetzausbau in einzelnen Gebieten planen. Und natürlich machen wir uns auch über weitere Wärmeerzeuger Gedanken – analog zum Transformationsplan für Wärmenetze des Bundes, der ebenso Netzausbau und die Erzeugerseite betrachtet.

Sie sprechen die Erzeugung an. Welche Wärmequellen haben für Sie denn in Zukunft Perspektive für die Ingolstädter Fernwärme?
Bolle: Wir sind auf diesem Feld sehr aktiv. Die erste Priorität hat der Ausbau der bestehenden Fernwärmekapazitäten in der Müllverwertungsanlage (MVA) und der Gunvor-Raffinerie. Wir beschäftigen uns schon länger intensiv mit weiteren Wärmequellen – dazu gehören etwa ein Biomassekraftwerk, das Abwärmepotenzial der Bayernoil-Raffinerie, eine Flusswärmepumpe sowie Oberflächengeothermie. All diese vielfältigen Varianten werden wir jetzt genau auf Umsetzbarkeit prüfen und – ganz wichtig – auch mit konkreten Zahlen hinterlegen. 

Netzausbau, neue Einspeiser – das gibt es sicher nicht zum Nulltarif. Wie gehen die Stadtwerke die Finanzierung an?
Bolle: Wir reden hier von mehreren Hundert Millionen Euro – und das völlig unabhängig davon, bis wann wir unser Ziel erreicht haben wollen. Das wird sicherlich nicht mit den etablierten Finanzierungsmethoden zu stemmen sein. Einfach zur Bank zu gehen, das wird nicht ausreichen. Ein Zugang zu neuen Kapitalgebern wird essenziell werden. Das ist zum einen natürlich der Bund. Da stehen im Rahmen der Wärmetransformationsplanung 40 Prozent an Förderung im Raum – sowohl für die Planung als auch für Umsetzung. Ob das wirklich so kommt, bleibt abzuwarten. Aber wir werden auch andere Kapitalgeber benötigen. Das können eventuell auch die Ingolstädterinnen und Ingolstädter im Rahmen einer Bürgerbeteiligung sein, aber natürlich auch institutionelle Investoren. 

Die Stadtwerke stehen also vor großen Herausforderungen?
Bolle: Definitiv. Ich gebe auch gerne zu, dass einem das manchmal Kopfzerbrechen bereitet. Aber lassen Sie mich das ganz deutlich sagen: Der Weg ist der richtige! Die Geschwindigkeit, die wir vorlegen können, muss die Praxis zeigen. Dabei gilt es auch Fragen zu beantworten wie: Wo bekommen wir das einzusetzende Material her? Wie viele Baustellen können wir den Ingolstädtern auf einmal zumuten? 

Mit welchem Gefühl gehen Sie persönlich aus der ersten Phase dieses Prozesses?
Bolle: Mit einem absolut positiven. Der Optimismus überwiegt. Wir haben jetzt eine Bestandsaufnahme und eine Zielrichtung und machen mit dem gleichen Elan weiter. Wir planen, stellen die Ergebnisse zur Entscheidung vor und setzen dann mit aller Kraft und Kompetenz um. Denn eines ist klar: Anhalten ist keine Option!

Herr Bolle, herzlichen Dank für dieses Gespräch.    


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